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Villa Rosenthal

 

Häuser und ihre Bewohner am Starnberger See

Villa Rosenthal

Villa Rosenthal

Wer auf seinem Spazierweg am Ostufer des Starnberger Sees an der Seestraße 44 vorbeikommt, muss einfach durch das schöne Neurokoko-Tor in die Parkanlage lugen. Die V

 

illa, ein viergeschossiger Walmdachbau im malerisch-romantischen Stil des späten Historismus, wurde 1897 von Johann Michael Fischhaber für den Kunstmaler Theodor Rikoff gebaut, bei dem der Komponist Max Reger des Öfteren zu Gast gewesen sein soll. Umbauten wurden 1913 für den nächsten Besitzer, Dr. Fritz Stahlmann, Rentier aus München vom Architekten Bernhard Borst, Mitschöpfer der Wohnsiedlung "Borstei" in München und ab 1919 durch Philipp Rosenthal vorgenommen.
Vom Tellerwäscher zum Unternehmer

Eigentlich sollte der 1855 in Werl geborene Sohn des Porzellanhändlers Abraham Rosenthal und seiner Frau Emilie den elterlichen Betrieb übernehmen. Doch der 17-Jährige ging mit seinem älteren Bruder Adolph nach Amerika. In New York schlug er sich als Laufbursche, Fahrstuhlführer, Tellerwäscher und in Texas als Postreiter durch. Mit 24 Jahren kam er als Einkäufer einer Detroiter Porzellanimportfirma auf seiner Tour durch Deutschland nach Selb. Die Amerikaner waren vor allem an bemaltem Porzellan interessiert, doch das war schwer zu bekommen, darum beschloss Rosenthal: „Ich mache das Zeug selber". Bei Lorenz Hutschenreuther kaufte er weißes Porzellan - sogenannte Weißware - und richtete 1879 mit seinem Bruder Max und dem Obermaler Roth im Keller von Schloss Erkersreuth eine Porzellanmalerei ein. Bald beschäftigte er 60 Angestellte, verlegte das Unternehmen nach Selb, eröffnete dort 1889 eine eigene Porzellanfabrik, erweiterte das Unternehmen durch Neugründungen und Ankäufe und wandelte es 1897 in die Philipp Rosenthal & Co. AG um.

Rosenthals Glanz ...

Mit seiner ersten Frau, der Porzellanmalerin Mathilde Auerbach hatte Rosenthal zwei Töchter. 1913 wandte sich der 58-jährige Fabrikant der Tochter seines Justitiars zu und heiratete die 35 Jahre jüngere Maria, nachdem deren Ehe mit dem Münchner Sanitätsrat Dr. med. Alfred Frank 1916 geschieden worden war. Der 1916 geborene gemeinsame Sohn Philipp wird auf den besten Schulen im Ausland erzogen. Rosenthal, zum Geheimen Kommerzienrat ernannt, begeisterte sich für Philosophie ebenso wie für fortschrittliche Technik, hatte früh ein Telefon und einen Benz, ging auf die Jagd und war Hunden, Pferden und schönen Frauen gleichermaßen zugeneigt. Er besaß eine Villa in Selb, einen Bauernhof in Bozen und im Park seines "Haus Rasten" am Starnberger See ließ er 1927 das bronzene Reiterstandbild des Heiligen Georg des Bozener Bildhauers Andreas Kompatscher aufstellen. Er war ein nationalbewusster Industrieführer, der bei den Spitzen der Republik von Stresemann bis Hindenburg gut angeschrieben war. Seine Ideen zur Exportförderung überzeugten und er bereiste das Ausland als Sendbote des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, dessen Präsidium er angehörte. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wagten es die neuen Herren nicht, direkt gegen den Geheimrat vorzugehen, denn ein Freibrief des bayrischen Innenministers bestimmte, dass ihm kein Haar gekrümmt werden dürfe. Wegen des Ansehens des exportstarken Unternehmens im Ausland blieb die Firma Rosenthal vom Judenboykott verschont.

... und Elend

1934 legte der Fabrikant freiwillig den Vorsitz im Vorstand der Aktiengesellschaft nieder. Um die Rassengesetze der Nazis zu umgehen, übertrug der konvertierte Katholik seiner Frau die Berger Villa, erteilte seinem 24jährigen Stiefsohn Udo Frank außerordentliche Vollmachten, machte ihn zu seinem Vermögensverwalter und plante, ihn in den Aufsichtsrat zu holen. Daraufhin erwirkten die um ihr Erbe fürchtenden Töchter Anna und Klara aus erster Ehe mit Hilfe der Nazis, dass der 81jährige Firmengründer 1936 unter Vormundschaft gestellt und rückwirkend seit 1934 für fortlaufend geschäftsunfähig erklärt wurde. Nichtsdestotrotz musste die Familie ihr gesamtes Rosenthal-Aktienpaket mit einem Nennwert in Höhe von 1,417 Millionen Mark laut "Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens" unter Wert an die Bayrische Hypotheken- und Wechsel-Bank verkaufen. Sechs Wochen später starb der 82jährige in einem Bonner Sanatorium.

Das mit Kunstschätzen geschmückte "Haus Rasten" war bald verwaist, denn seine damals 47jährige Witwe Maria heiratete in Cannes einen französischen Aristokraten, den Grafen de Beurges. In den 70er Jahren verschlechterte sich der Bauzustand des Hauses derart, dass bereits eine Abbruchgenehmigung erteilt wurde. Doch der neue Besitzer, der Architekt Peter Lanz, stellte es "mit großem Einfühlungsvermögen, Verantwortung dem Baudenkmal gegenüber und vorbildlichem Ergebnis" - so Kreisheimatpflegers Gerhard Schober – wieder her.