Schloss Starnberg

Das Schloss in Starnberg

Nahezu alle Bürger haben mit dem Schloss in Starnberg zu tun, denn dort ist seit gut 200 Jahren das Finanzamt des Landkreises untergebracht. Aber auch diejenigen, die ihr Einkommen andernorts versteuern müssen und den Starnberger See besuchen, haben es zumindest schon gesehen, denn es liegt weithin sichtbar auf dem Moränenrücken hoch über der Stadt. Die topographische Lage am Ende der Moräne mit steil abfallenden Flanken auf drei Seiten war strategisch günstig, die vierte Seite wurde durch einen tiefen Burggraben gesichert.

Von der mittelalterlichen Verteidigungsanlage der Andechser zum wittelsbachischen Besitz

Vermutlich liegen die Anfänge einer mittelalterlichen Burg Mitte des 12. Jahrhunderts und sind eng mit dem damals sehr mächtigen Geschlecht der Grafen und Herzöge von Andechs-Meranien verbunden. Spätestens nach 1180 mussten sich die Andechser zunehmend der aufstrebenden Grafen von Wittelsbach erwehren, die mit der Karlsburg auf dem Bergrücken oberhalb von Leutstetten über eine der größten Burganlagen der Region im Hochmittelalter verfügten und nunmehr als Herzöge von Bayern offensiv an einer Ausweitung ihres Machtbereiches interessiert waren. Urkundlich erwähnt wird das Schloss Starnberg erstmals im Jahr 1244 als „Starnberch Castrum“. Allerdings ging schon vier Jahre später die Ägide der Andechser mit dem Tod des Herzogs Otto II. zu Ende.  Nun bleibt für etwa 100 Jahre im Dunkeln, was mit der Burg in Starnberg geschah. Sicher ist, dass die Wittelsbacher stetig und unmittelbar den einstigen Andechser Besitz in der Region übernahmen und spätestens seit 1346 einen Richter auf der Burg hatten.

Das Schloss wird zur fürstlichen Morgengabe und zum eleganten Renaissancebau

Die allmähliche Umwandlung von einer reinen Verteidigungsanlage zu einem komfortableren Schloss begann, als Herzog Ernst von Wittelsbach es 1395 seiner Gemahlin Elisabeth Visconti als Morgengabe überschrieb. Immerhin hatte die künftige Herzogin 75.000 Gulden Mitgift aus Mailand mitgebracht. Obwohl wir keine Überlieferung haben, wie genau die Wohnverhältnisse waren, dürften sie doch in jedem Fall einer Fürstin aus bestem Haus angemessen gewesen sein.

Um 1500 baute Herzog Albrecht IV. das Schloss weiter aus und es wurde zum regelmäßigen Sommeraufenthalt des Münchner Hofes. Sein Nachfolger Herzog Wilhelm IV. verschönerte das Schloss ab 1541 mit einer aufwendigen und modernen Fassadenmalerei, die noch bis ins 19. Jahrhundert zu sehen war. Ohne Frage gab es auch im Inneren Umbauten, die dem Bedarf der fürstlichen Familie entsprachen und modernen Ansprüchen standhielten. Es gab einen Bankettsaal, prächtige Räume waren mit farbigen Tapeten und holzverkleideten Decken ausgestattet. Aus der Schlosskapelle, die der Hl. Anna geweiht war, hat sich aus dieser Zeit ein Altarbild erhalten, das aus der berühmten Cranachwerkstatt stammt und die Mutter Anna mit ihrer Tochter Maria und dem Jesuskind zeigt. Es ist heute im Besitz der Pfarrei.

Damals wurde auch der Schlossgarten mit dem Wasserturm zur Versorgung des Schlosses und der Springbrunnen in Renaissancemanier angelegt. Am südlichen Rand entstand ein großes Tanz- und Sommerhaus. Der Schlossgarten ist nach Wiederherstellung durch die Stadt heute der vermutlich schönste Ort in Starnberg.

Von der Herrlichkeit des Schlosses blieb nach Durchzug kaiserlicher Truppen während des Dreißigjährigen Krieges nicht viel übrig. 1633 war das verheerendste Jahr, in dem geplündert und gebrandschatzt wurde, 3000 in Starnberg einquartierte Soldaten richteten alles zugrunde.

Prunkvolle Hofhaltung und verschwenderische Seefeste

Unter Kurfürst Ferdinand Maria wurde das Schloss nach neuester Mode hergerichtet. Ab 1652 setzte eine rege Bautätigkeit ein, das benötigte Mobiliar allerdings wurde, wie aus Inventarlisten hervorgeht, nach Bedarf aus München nach Starnberg gebracht. Erst allmählich wurden die Räumlichkeiten wieder kostbar ausstaffiert. In einem Inventar ist die Rede von Seiden- und Damastbespannungen, von Spiegeln in vergoldeten Rahmen und eigens ausgestalteten Appartements für alle Familienmitglieder.

Die aus dem Herzogtum Savoyen stammende Kurfürstin Henriette Adelaide, der barocke Lebensart schon von Kindesbeinen an aus ihrer Heimat vertraut war, brachte die italienische Kunst auch an den Starnberger See. Nach der Geburt des ersehnten Thronfolgers Max Emmanuel schwamm ab 1663 das nach venezianischem Vorbild gebaute Prunkschiff Bucentaur auf dem Starnberger See. Auf ihm wurde bei prunkvollsten Festen europäische Politik gemacht. Nach dem langen Krieg bis zum Ende des Jahrhunderts wurde das Schloss wieder angemessen instand gesetzt.

Der See mit seinen Vergnügungsmöglichkeiten war ja schon lange in die fürstliche Hofhaltung einbezogen, denn die Errichtung der zahlreichen Hofmarksschlösser rund um den See im 16. Jahrhundert trug nun ihre Früchte (siehe Fünfseenland aktuell, Heft 11/2019). Allerdings waren die Tage des Starnberger Schlosses als Zentrum der höfischen Seefeste gezählt. Kurfürst Ferdinand Maria hatte 1668 und 1676 die Hofmarksschlösser Possenhofen und Berg erworben, die unmittelbar am See gelegen und deutlich kleiner der großen Anlage in Starnberg den Rang abliefen. Das Schloss dort wurde zum Depot für die andernorts benötigten Ausstattungsstücke. Und über die Jahrzehnte verfielen die Gebäude allmählich. Als Kurfürst Max III. Joseph den Starnberger Pfarrkindern die Steine des maroden Sommerhauses sowie den Platz, auf dem es stand, 1763 für den Bau ihrer neuen Pfarrkirche St. Josef schenkte, war das kein ganz allzu großer Verzicht für ihn.

König Max I. bevorzugte den Tegernsee. Ab 1806 zogen in das Schloss das Landgericht, das Rentamt und das Forstamt ein. Seit einer Generalsanierung 1969 bis 1972 ist das Schloss ausschließlich Finanzamt.