Der Cartoonist Peter Gaymann in Bayern
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- Geschrieben von Dr. Ulrike Mertz
Wo lachen jetzt die Hühner?
Der Cartoonist Peter Gaymann in Bayern
Seit über einem Jahr hat der gebürtiger Freiburger nach langen Jahren in Rom und Köln im Marienhof in Neufahrn bei Schäftlarn ein neues Domizil. Das historische Anwesen, laut Dorfchronik urkundlich erwähnt 1313 und von 1778 bis 1920 das örtliche Wirtshaus, wurde von Grund auf restauriert. Mit viel Respekt für das Alte, das in jedem Zimmer erhalten blieb, hier eine Tür, ein Boden, ein Kachelofen oder wie im Gästezimmer eine nach der Entfernung Dutzender Tapeten und Anstriche vielfarbige Wand, zugleich ein Fenster in die Vergangenheit wie ein abstraktes Bild à lá Gerhard Richter. Gaymann und seine Frau beglückwünschen sich jeden Tag zu ihrem „Ferienhaus“, unter dessen Dach auch ihre homöopathische Praxis und sein Atelier Platz gefunden haben. Die Unkenrufe der Freunde ("Warum wollt Ihr im Alter nochmal neu anfangen? - niemand wird mit Dir reden“) sind verstummt: In der unmittelbaren Nachbarschaft mit vielen jungen Familien kennt und grüßt man sich und die "Münchner Truppe", die sich für ein Haus des Humors und der komischen Kunst einsetzt, darunter Dr. Wittmann, ehemals Leiter des Literaturhauses, viele Zeichner-Kollegen und Gerhard Polt hat Gaymann mit offenen Armen empfangen.
Neuland liefert Impulse
„Man muss erst einmal wo sein“, sagt der Zeichner, muss neugierig sein auf die Menschen, muss neue Lokale, Bierzelte ebenso wie Fünfsterne-Hotels, erleben. Zum Siebzigsten will er sich selbst einen Cartoon-Band „Typisch Bayern“ schenken. Noch aber beobachtet er Details, so den Unterschied zwischen Kölsch und Maßkrug und registriert, dass die, die hier Lederhosen und Dirndl tragen, nicht die Bayern sind, sondern die Kölner Freunde, die gern und oft zu Besuch kommen. Wo immer er ist, hält er mit Stift, Notizbuch oder Telefon Orte, Stichworte, Fotos, Situationen, Ideen fest. Diese Bleistift-Skizzen, im Atelier kritisch betrachtet, hinterfragt und verändert, kopiert er über dem Leuchttisch mit Tusche und Feder, experimentiert mit Textvarianten und Dialogen, mit Bildaufbau und Positionen: Wie ein Regisseur (was für eine Geschichte will ich erzählen?) erfindet der Zeichner seine Protagonisten und Charaktere, sind sie arm oder reich? Dick oder dünn? Auch das Aquarellieren ist wichtig, ein kariertes Sakko kann witzig – oder daneben sein.
Ein Cartoon muss schnell verstanden werden
Das beobachtende Zeichnen ist entspannend, die Entwurfsphase anstrengendes, konzentriert kreatives Herantasten. Arbeit, die man dem fertigen Produkt aber nicht ansehen darf. Das soll leicht und witzig, spielerisch wirken – ob bei den „Paarproblemen“, die Gaymann seit 28 Jahren im zweiwöchigen Rhythmus für die "BRIGITTE" zeichnet, ob in den Karikaturen zu Kunst und Künstlern, ob bei den Hühnern, die sich seit 1984 und dem Cartoon-Band "Huhnstage" zum Selbstläufer entwickelten. Diese Festlegung auf sein Erfolgstier ist ihm Fluch und Segen zugleich. Schweine, Katzen und anderes Getier tummeln sich auf Peter Gaymanns Postkarten, sein Lieblingstier ist eigentlich der elegante Storch. Doch um das alltägliche Leben humorig-allgemeinverständlich darzustellen, scheint das Hühner-Familienleben mit seinen Gockeln, Machos, Hackordnungen und anderen Parallelen zu menschlichen Verhaltensweisen am besten geeignet: Die allgemeine Fabelform ermöglicht es den Menschen, sich in problematischen Situationen wieder zu erkennen, die sie selbst erlebt haben.