Das Idyll der Zwiebeltürme

Sie dürfen in keinem Tourismusprospekt fehlen: die Zwiebeltürme. Ähnlich wie Blasmusik, Lederhosen und Dirndl stehen sie für Bayern. Eigentlich ja nur für das südliche Bayern, denn sie sind typisch für einst katholische Regionen. Ruhe und Behaglichkeit gehen von den runden Formen aus, ihren spitz zulaufenden Kollegen, wie sie etwa an Tegernsee und Schliersee stehen, fehlt diese Ausstrahlung.

Kinder der italienischen Renaissance

Zwiebeltuerme Wie viele schöne Dinge gehen auch Zwiebeltürme auf Einflüsse aus Italien zurück. Im Mittelalter kannte man sie nicht. Turmabschlüsse von Kirchen pflegten ohne gemütliche Kurven mehr oder weniger spitz zuzulaufen. Doch als die Münchner Frauenkirche ihre Turmabschlüsse bekommen sollte, kam ein neuer Stil über die Alpen: die Renaissance. Man hatte sich satt gesehen an der hochstrebenden Gotik. Und so bekamen die Türme ihre Hauben. "Welsche Hauben" nannte man sie. Welschland - das war Italien. Dort gab es diese wunderbaren Kuppeln, deren großartigste den Dom in Florenz krönt. Welsche Hauben waren nichts anderes als kleine Kuppeln auf Türmen, die bayerischen Zwiebeltürme sind Kinder der italienischen Renaissance.

20 Jahre später hatte ein Baumeister erstmals die Idee, den kleinen Turmkuppeln noch mehr Schwung zu verleihen: Kloster Maria Stern in Augsburg bekam den ersten Zwiebelturm. Von hier aus trat dieser für die Bewegungsfreude des Barock so ideale Turmabschluss seinen Siegeszug durch die katholische deutschsprachige Welt an. Doch auch orthodoxe Kirchen kennen diese eleganten Turmhelme, man denke an den Kreml oder an die bunt glitzernden Türme der Auferstehungskirche in Sankt Petersburg. Erst jüngst wurden die knuddligen Turmabschlüsse durch Friedensreich Hundertwasser wieder aufgegriffen. Er hat die nach seinen Ideen errichteten Gebäude gerne damit geschmückt. Doch weder Kreml noch Hundertwasser, noch die vielen Zwiebeltürme Oberschwabens oder gar ihre Herkunft aus Italien ändern etwas daran, dass sie für uns vor allem nach Bayern gehören. Natürlich auch in den Tourismusprospekt!