Das Fünfseenland ist Schlösserland

Das Fünfseenland ist Schlösserland

Weit mehr als ein Dutzend Schlösser gibt es im Fünfseenland, ein besonderer kultureller Reichtum, der sich in seiner Dichte vor allem aus der landschaftlichen Attraktivität rund um den Starnberger See ausgebildet hat. Ausgangspunkt dafür war das Starnberger Schloss, das im 12. Jahrhundert von den damals sehr mächtigen Grafen von Andechs erbaut und nach deren Aussterben und Machtverlust Ende des 13. Jahrhunderts von den mittlerweile zu Herzögen von Bayern aufgestiegenen Wittelsbachern übernommen wurde. Das bedeutendste Schloss der Region neben dem Starnberger war jenes der Grafen Toerring in Seefeld, einem weitverzweigten und überaus einflussreichen Adelsgeschlecht.

2019 11 Schloss Starnberg
Schloss Starnberg

Was zu Zeiten der Andechser als schwer befestigte Verteidigungsanlage begann, entwickelte sich spätestens ab 1395 zu einer komfortablen Wohnstatt, denn der damalige bayerische Herzog Ernst schenkte Schloss Starnberg damals seiner Gattin Elisabeth von Visconti als Morgengabe. Von da an ging es mit dem Starnberger Schloss steil aufwärts. Die bayerischen Herzöge machten es zu ihrer bevorzugten Sommerresidenz und statteten es prunkvoll im Stil der Renaissance aus. Nach dem 30-jährigen Krieg und in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts veränderte sich dessen Bedeutung, denn Kurfürst Ferdinand Maria kaufte am Starnberger See die Hofmarksschlösser Kempfenhausen, Berg und Possenhofen den bisherigen Besitzern ab und baute die Häuser zu fürstlichen Anwesen aus. Von diesen nahe am See gelegenen Schlössern waren die fürstlichen Vergnügungen und Ausfahrten auf dem Luxusschiff Buzentaur wesentlich komfortabler zu organisieren. Das Schloss in Starnberg wurde nur noch als Depot genutzt.

Hofmarksschlösser an Starnberger und Ammersee

Aus den schon genannten Hofmarksschlössern lagen noch jene von Farchach, Bachhausen, Allmannshauen, Ammerland, Tutzing und Garatshausen unmittelbar oder nahe am See, allesamt im Besitz von Patrizier- und Adelsfamilien. Dazu noch die Hofmark Bernried, die mit dem dortigen Augustinerchorherrenstift gekoppelt war. Am Ammersee gab es die Hofmark Mühlfeld im Besitz des Klosters Andechs sowie die Hofmark Ried bei Herrsching, am Westufer die Hofmark Greifenberg und auf der Insel im Wörthsee das gleichnamige Hofmarksschloss.

Als Hofmark bezeichnet man einen Herrschaftsbezirk in Besitz geistlicher oder weltlicher Herren. Der Hofmarksherr hatte das Recht auf Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit, dazu das Erheben von Abgaben und das Recht auf sogenannte Hand- und Spanndienste der auf dem Gebiet der Hofmark ansässigen Bevölkerung. Diese hatte für die bewirtschafteten Grundstücke zum einen Pacht zu entrichten, zum anderen „Arbeiten mit der Hand“ wie Wegebau oder Forstarbeit, aber auch Näharbeiten durch die Frauen zu verrichten sowie Fahrdienste zu leisten. Die Bezeichnung Spanndienst rührt vom Einspannen der Pferde dafür her. Die Landeshoheit und die hohe Gerichtsbarkeit – also die Ahndung von Raub, Mord, Diebstahl, Vergewaltigung, Hexerei und Kindesmord - lagen nach wie vor beim bayerischen Herzog, dem die Landgerichte unterstanden. In den vielen den Alltag bestimmenden rechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten war jedoch die Hofmarksherrschaft die entscheidende Instanz und so prägte in den genau umgrenzten Territorien die sehr individuelle Handschrift des jeweiligen Herrn die Lebensrealität der darin wohnenden Menschen.

Man unterschied geschlossene Hofmarken, in denen auch Untertanen anderer Hofmarksherren ansässig waren, von den offenen Hofmarken, bei denen Wirtschaftsflächen und Bewohner alle einem einzigen Hofmarksherrn gehörten.

Rechtliche Grundlage für die Schaffung der Hofmarken war die 1311 vom notorisch klammen, niederbayerischen Herzog Otto III. erlassene „Ottonische Handveste“, in der er den niederbayerischen Ständen gegen die Entrichtung einer einmaligen Abgabe die niedere Gerichtsbarkeit auf ihren ländlichen Territorien bewilligte. Was zunächst daraus geboren war, die finanzielle Misere des Landesherrn zu mildern und in der Folge der Zugewinn an Macht für adlige und geistliche Herren, bewährte sich letztlich als Beitrag zur Verwaltung des Landes. Besonders, als im ausgehenden Mittelalter viele Adelsgeschlechter ausstarben und deren Lücke begüterte Münchner Patrizier nutzten und sich in den Grundbesitz auf dem Land einkauften. Hofmarksherren blieben letztlich immer dem Landesherrn verpflichtet, leisteten ihrerseits an ihn Abgaben und sorgten dafür, dass die Bewohner ihrer Besitzungen sich an die vorgegebenen Spielregeln hielten. Nur ein großer Beamtenapparat hätte dies so effizient leisten können. Das System änderte sich erst, als im Zuge der Säkularisation 1803 und mit Bildung des Königreiches Bayern 1806 sich der bayerische Staat bemühte, die Sonderrechte der Hofmarken einzuschränken oder ganz aufzuheben, geistliche Hofmarken waren davon unmittelbar betroffen. 1818 entstanden aus den geschlossenen Hofmarken die Patrimonialgerichte. Spätestens 1848 wurden infolge der Revolution auch alle weltlichen Hofmarken aufgehoben und die Privilegien der Inhaber aufgehoben.